Autor Peter M. Crause
Antibiotika
Antibiotika können wahre Lebensretter sein. Aber nicht immer muss ein Antibiotikum gegeben werden; zu viel und zu oft führen zu immer mehr Resistenzen. Und wenn diese in der Tierhaltung massenhaft eingesetzt werden, werden die Fäkalien der Tiere massiv damit belastet, was sich über die Böden bis ins Grundwasser vorsetzte. Auch hier sind Resistenzen das Problem. Noch schlimmer wird es, wenn sogar sogenannte „Reserveantibiotika“ zum Einsatz kommen. Also solche, die nur dann eingesetzt werden sollen, wenn nichts anderes mehr hilft. Vor wenigen Wochen hätte das EU-Parlament eine klare rote Linie der Nutzung einziehen können: raus aus den Tierställen und nur noch für Menschen im Notfall. Allein, dem Antrag der Grünen mit Rückendeckung von Humanmedizinern wurde nicht entsprochen. Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe dazu: „Das EU-Parlament hat es versäumt, die Gesundheit von Menschen endlich über die Profitinteressen der Fleischindustrie zu stellen.“ Die EU-Kommission riskiere damit, „dass Reserve-Antibiotika wie bisher auch massenhaft ins Futter und Wasser gemischt und an Zehntausende Tiere in industriellen Massentierhaltungen verabreicht werden. Die EU-Abgeordneten vergrößern damit das Risiko für die Ausbreitung antibiotikaresistenter Erreger, die über das Fleisch behandelter Tiere auch auf Menschen übertragen werden und im Krankheitsfall lebensrettende Antibiotika ausschalten können.“
Falsch behandelt
Und auch der Einsatz beim Menschen muss kritisch hinterfragt werden, sollen die Medikamente in Zukunft noch wirken. Schätzungsweise jede dritte Antibiotika-Verordnung, die Patienten von Ärzten erhalten, ist nach Erkenntnissen der Ersatzkassen nicht sinnvoll. Die Folgen sind auch hierbei gefährliche Resistenzbildungen, vermeidbare Nebenwirkungen und die Gefahr, dass bei schweren Erkrankungen keine wirksamen Medikamente mehr zur Verfügung stehen. Um ein Antibiotikum sicher und richtig zu verschreiben, muss zuerst das Blut oder ein Abstrich auf die Erreger hin untersucht werden. Erst dann ist klar, welches Medikament das richtige ist. Hier liegt das Problem einerseits an den Medizinern durch die teils laxe Verschreibungspraxis, aber auch an den Patienten, die sich nicht immer aufklären lassen und besonders schnell einen Behandlungserfolg erwarten. Klar ist aber andererseits auch, dass eine Behandlung manchmal sofort beginnen muss. Dann verschreibt der Arzt ein Antibiotikum gewissermaßen auf Verdacht. Er wird also Durchschnitts- und Erfahrungswerte in die Diagnose ebenso einbringen, wie das Wissen um die zeitlich aktuellen aktiven Erreger. Weiterhin spielen bei der Wahl für das richtige Antibiotikum noch die Symptome sowie die betroffenen Organe eine Rolle. Wer nach etwa drei Tagen keine deutliche Verbesserung der Leiden verspürt, sollte dringend erneut den Arzt aufsuchen. Denn entweder war in diesem Fall die Diagnose nicht korrekt oder aber das Antibiotikum kann die Bakterien nicht richtig bekämpfen – kein Einzelfall. Davon ab sollte bei kleinen Infektionen und Erkältungen der ein oder andere wieder öfter den Alltagsspruch „3 Tage kommt sie, 3 Tage bleibt sie und 3 Tage geht sie“ zurate ziehen. Wer verantwortungsbewusst Antibiotika einsetzt, tut viel für sich selbst und eine gesunde Umwelt.
Bildung von Resistenzen
Wie aber können die angesprochenen Resistenzen überhaupt entstehen? Da der Körper Antibiotika nur schlecht abbauen kann, gelangen die Abbauprodukte in Kläranlagen und schließlich irgendwann wieder über das Grundwasser oder anderes in unseren Körper. In immer mehr Kliniken ist das Problem der multiresistenten Bakterien ein Problem. Und zwar ein Tödliches. Wenn Enterobakterien gegen die Antibiotika-Klasse der Carbapeneme resistent werden, stirbt die Hälfte der Betroffenen. Diese Carbapeneme sind die Reserveantibiotika und bilden derzeit so etwas wie die „letzte Bastion“ für die Mediziner und werden dann eingesetzt, wenn kein anderes Antibiotikum hilft. Daher ist es umso alarmierender, wenn sie nicht mehr wirken. Allerhöchste Zeit also, dass EU-weit endlich eine Regelung gefunden wird, denn Bakterien machen vor Grenzen nicht halt und die Zeit drängt. Die Anwendung am Menschen muss vor der Massennutzung in der Tierhaltung stehen.