Autor Anne Klein

Bauchfett reduzieren

Der Bauchumfang ist laut einer Studie der Ludwig-Maximilian-Universität in München wichtiger als der Body-Mass-Index (BMI) zur Beurteilung der gesundheitlichen Verfassung. Und anders als Hüftspeck, der wenigstens noch ungesunde Fettsäuren abfängt, ist Bauchspeck einfach nur ungesund. Bevor man seinem Bauchfett also den Kampf ansagt, wird Maß genommen. Stellen Sie sich dafür morgens vor dem Frühstück gerade hin. Legen Sie ein Maßband in Höhe des Bauchnabels rund um den Körper und lesen Sie die Zahl ab. Dazu muss man wissen: Als gesundheitsgefährlich gilt ein Bauchumfang von 88 Zentimetern bei Frauen und 102 Zentimetern bei Männern. Das ungesunde viszerale Bett legt sich unter den Bauchmuskeln um die inneren Organe, greift in den Stoffwechsel ein, treibt den Blutzuckerspiegel nach oben und kann die Entstehung von Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen und Krebs begünstigen. Bei Männern drückt ein dicker Bauch zusätzlich auf die Erektionsfähigkeit. Es droht Potenzverlust.

Bauchfett reduzieren

Wenn es darum geht, das Bauchfett wirksam zu reduzieren, dann dürften den meisten vor allem eines in den Sinn kommen: Eine Umstellung hin zu einer gesunden, ausgewogenen und kalorienreduzierten Ernährung in Kombination mit Sport. Was die Auswahl der sportlichen Aktivitäten angeht, ist die Anzahl groß, zwischen sanften Workouts oder dem Hochintensiven Intervalltraining (HIIT), und vielem mehr ist alles drin. Hauptsache man bleibt gut in Bewegung. Doch beim Thema Abnehmen hat zumindest in unseren Breitengraden kaum jemand die Jahrhunderte alte, chinesische Bewegungslehre des Tai-Chi auf dem Schirm. Denn die fließenden, langsamen Bewegungsabläufe, die im Stehen durchgeführt werden, bringen einen nicht unbedingt ins Schwitzen und dürften deshalb kaum die Fettverbrennung fördern. Das tun sie aber doch! Zu diesem Schluss kommt jedenfalls eine aktuelle Studie der Universität Hongkong, die im Fachmagazin „Annals of Internal Medicine“ veröffentlicht wurde.

Früher Kampfkunst, heute Bewegungslehre

Die Lehre und Praxis des Tai-Chi entwickelte sich vor etwa 800 Jahren aus der Kampfkunst der chinesischen Shaolin-Mönche. Die Übungen haben durchaus auch positive Effekte auf den Körper, sie fördern unter anderem Balance und Beweglichkeit, aber eigentlich sollen sie in erster Linie das seelische Wohlbefinden steigern. „Einfache Peitsche“, „Der weiße Kranich breitet seine Flügel aus“, „Die Mähne eines Wildpferds schütteln“ – die Übungen im Tai-Chi haben oftmals poetische Namen. Viele Praktizierende sehen hinter den Bezeichnungen eine tiefere Bedeutung. Eine Übung könnte auch heißen: „Was das böse Bauchfett schmelzen lässt“. Denn genau zu dieser erstaunlichen Erkenntnis sind Forscher aus Hongkong gekommen. Sie meinen: Tai-Chi hilft, ungesundes Bauchfett zu reduzieren. Das ist insofern erstaunlich, weil die Übungen im Tai-Chi in der Regel extrem langsam und fließend durchgeführt werden. Das soll in erster Linie zu einem psychischen Ausgleich führen, an Fettverbrennung denken dabei wohl die wenigsten. Wer Pfunde loswerden will, müht sich eher mit intensiven und anstrengenden Trainingsformen wie HIIT ab, was nicht jedermanns Sache ist. Unmotivierte, körperlich eingeschränkte Personen oder auch ältere Menschen können mit Tai-Chi und seinen sanften Bewegungsabläufen vielleicht eher etwas anfangen. Das fand auch Parco Siu von der Universität in Hongkong. Zusammen mit einem Forscherteam hat der Mediziner eine Tai-Chi-Studie an über 50-jährigen Probanden durchgeführt. Wichtig: Die Personen hatten alle einen großen Bauchumfang, was Krankheiten wie Diabetes verursachen kann.

Studienergebnisse

Die Vergleichsstudie lief insgesamt über ein Jahr. Es nahmen 543 übergewichtige Menschen teil, die zufällig ausgewählt und in drei Gruppen aufgeteilt wurden. Die Kontrollgruppe absolvierte keinerlei Training, die zweite Gruppe praktizierte über einen Zeitraum von zwölf Wochen dreimal pro Woche eine Stunde lang Tai-Chi, die dritte Gruppe machte klassisches Fitness-Training (Ausdauer und Kraft). Und tatsächlich reduzierte sich der Bauchumfang bei den Studienteilnehmern, die über den Zeitraum Tai-Chi machten, ähnlich wie bei jenen, die Fitness bevorzugten, sie verloren knapp fünf Prozent Körpergewicht. Zudem verbesserte sich bei den Versuchspersonen beider Gruppen der Cholesterinspiegel im Vergleich zur Kontrollgruppe. Tai-Chi wirkt also mindestens so gut wie ein klassisches Fitness-Training. Wer also keine Lust auf regelmäßiges und schweißtreibendes Training hat, und das gilt oft besonders für ältere Menschen, für den scheint Tai-Chi eine wirksame Alternative darzustellen.