Autorin: Anne Klein
Bitte aufstehen!
Nach dem Aufstehen sitzen wir beim Frühstück, um dann sitzend mit dem Auto zur Arbeit zu fahren. Im Büro angekommen, sitzen wir wiederum ca. vier Stunden bis wir zum Mittagessen gehen, wo wir wieder sitzen. Dann verbringen wir weitere vier Stunden sitzend im Büro am Schreibtisch. Mit dem Auto fahren wir wieder sitzend nach Hause. Es folgt das Abendessen mit der Familie, wo wir dann wieder sitzen. Dann landen die meisten sitzend auf der Couch, um sich zu entspannen. So verbringen wir in Summe 12 Stunden sitzend pro Tag! Wer sich kaum bewegt und nicht gerade liegt, steht oder geht – der sitzt. Gelegenheiten dafür gibt es viele. Nicht nur in der Kita, Schule, zu Hause und auf dem Weg dorthin – auch im Park, auf dem Spielplatz oder im Schwimmbad laden Bänke zum ausgiebigen Sitzen ein. Denn Sitzen ist bequem und gibt Raum zum Ausruhen. Braucht der Körper diese ständigen Ruhepausen tatsächlich? Oder ist es nicht eigentlich genau andersherum und der Körper braucht Erholungspausen vom ständigen Sitzen?
Immer längere Sitzzeit
Mehr als durchschnittlich neun Stunden verbringen die Menschen in Deutschland laut DKV-Report Tag für Tag sitzend, Tendenz steigend. Gesund ist das nicht, und erst recht nicht nötig. Denn der Mensch ist für die Bewegung geboren. Das ist mehr als eine Floskel, es ist ein wissenschaftlicher Fakt. Noch vor wenigen Jahrzehnten waren die Menschen täglich 10, 20 oder gar 30 Kilometer zu Fuß oder auf dem Fahrrad unterwegs. Heute bringen es die meisten kaum noch auf 700 Meter. Für den Rücken ist das fatal, denn fehlende Bewegung bedeutet auch, dass viele Muskeln verkümmern. Für eine aufrechte Haltung aber braucht es eine kräftige Muskulatur. Sonst reicht schon eine kleine falsche Bewegung, um zum Beispiel einen Hexenschuss auszulösen. Körperliche Bewegung gilt deshalb längst als der beste Rückenschutz.
Theoretisch. Praktisch hat sich die durchschnittliche Sitzzeit eines jeden Deutschen an Werktagen in den letzten sieben Jahren kontinuierlich gesteigert, wie der DKV-Report der Deutschen Krankenversicherung und der Deutschen Sporthochschule Köln belegt: Im Jahr 2023 lag diese pro Tag bei 554 Minuten, also über neun Stunden, und hat sich damit seit der letzten Befragung um eine halbe Stunde verlängert (2021: 523 Minuten). Dabei würde eine Verminderung der täglichen Sitzzeiten durch Bewegung das Sterberisiko erheblich reduzieren, betont Ingo Froböse, Professor an der Deutschen Sporthochschule in Köln. Und appelliert: „Lass deine Gesundheit nicht sitzen!“
Mehr Bewegung
Wie aber lässt sich mehr Bewegung in den Alltag bringen? Die Aktion Gesunder Rücken (AGR) hat dazu einige einfache und praktikable Ideen:
- Erledigen Sie Besorgungen öfter zu Fuß.
- Nehmen Sie eher mal die Treppe statt den Aufzug.
- Holen Sie das Fahrrad aus dem Keller.
- Schon mit 15 Minuten Fußweg zweimal täglich in mäßigem Tempo zur Bahn oder zum Einkaufen können auch Couch-Potatoes die Hälfte ihres Tages solls erreichen. Es darf auch gerne etwas mehr sein.
- Nutzen Sie die Warteschlange an der Kasse oder Haltestelle sinnvoll: Machen Sie sich zum Beispiel mal ganz lang, als ob Sie wie eine Marionette an einem imaginären Faden nach oben gezogen würden, und strecken Sie so die Wirbelsäule. Dehnen Sie die Muskulatur, indem Sie sich zur Seite neigen oder sanft den Oberkörper nach links und rechts pendeln.
- Im Arbeitsalltag können neben einem ergonomischen Arbeitsplatz krankengymnastische Übungen Beschwerden verhindern. Lassen Sie sich hierzu von einem Therapeuten beraten oder nutzen Sie eines der vielen Bürogymnastik-Programme der Krankenkassen. Die kleinen Trainingseinheiten für zwischendurch sind meist gut am Schreibtisch oder im Stehen durchführbar – ohne zusätzliche Hilfsmittel.
- Mit Positionswechseln und abwechslungsreichen Bewegungen lässt sich der häufigste Grund für Rückenschmerzen verhindern: Muskelverspannungen. Verändern Sie möglichst oft Ihre Sitzposition. Sitzen Sie zum Beispiel mal mehr nach vorne gebeugt, mal aufrechter, dann wieder ganz entspannt nach hinten gelehnt.
- Unterbrechen Sie Ihre Sitztätigkeit öfter durch Stehphasen: Kurzbesprechungen oder Telefonate lassen sich beispielsweise auch gut am Stehpult erledigen, und statt dem Kollegen am Ende des Flures eine Mail zu senden, ist ein kurzer Gang manchmal eine gute Alternative.
Wenn Sie mehr Bewegung in Ihr Leben einbauen, haben Sie bestimmt auch weniger „Rücken“.