Autor Peter M. Crause
Fleckenstress
So harmlos sie im ersten Moment klingt, Betroffene können von ihr emotional ganz schön aus der Bahn geworfen werden. Denn was man von außen sieht, sind plötzlich auftretende weiße Flecken auf der Haut. Und auch wenn diese Stellen medizinisch betrachtet gesund sind, fällt das Anderssein auf – was psychisch belastend sein kann. Ursache für die weißen Hautpartien ist, dass bestimmte Zellen, die sogenannten Melanozyten, ihre Arbeit einstellen oder absterben. Diese sind eigentlich dafür zuständig, den Farbstoff Melanin zu produzieren – und wenn sie fehlen, bleibt die Haut an diesen Stellen eben weiß. Am häufigsten zeigt sich das an Gelenken, im Gesicht, am Kopf oder auch im Intimbereich. Die Flecken können mit der Zeit größer werden, meistens in Schüben. Warum genau das passiert, weiß die Wissenschaft bis heute nicht mit Sicherheit. Man geht aber davon aus, dass es mehrere mögliche Auslöser gibt. Eine Theorie besagt, dass das Immunsystem die Melanozyten fälschlicherweise angreift – eine sogenannte Autoimmunreaktion. Andere Forscher vermuten, dass chemische Prozesse im Körper oder Stoffwechselstörungen eine Rolle spielen könnten. Es scheint also, als würden die Pigmentzellen manchmal einfach „sich selbst zerstören“. Manchmal lösen aber auch äußere Einflüsse wie ein Sonnenbrand oder eine Verletzung den Beginn der Krankheit aus. Trotzdem ist man sich relativ einig, dass das Immunsystem in den meisten Fällen irgendwie beteiligt ist. Und wie geht’s weiter, wenn Vitiligo erst einmal da ist? Das ist ganz unterschiedlich. Bei manchen bleiben die Flecken so, wie sie sind. Bei anderen breiten sie sich weiter aus – in seltenen Fällen wird fast die ganze Haut weiß. Und es gibt auch die Glücklichen, bei denen sich die Pigmentzellen teilweise regenerieren – die Flecken werden dann wieder kleiner oder verschwinden sogar. Häufig betroffen sind Stellen wie Gesicht, Hals, Hände oder Füße. Oft verlieren auch die Haare in den betroffenen Bereichen ihre Farbe. Die Schleimhäute hingegen bleiben verschont. Interessant ist auch, dass Forscher einen Zusammenhang zwischen Augenfarbe und Vitiligo gefunden haben. Menschen mit blauen oder grauen Augen scheinen seltener betroffen zu sein. Der Grund liegt möglicherweise in bestimmten Genvarianten, die sowohl die Augenfarbe beeinflussen als auch das Vitiligo-Risiko erhöhen.
Heilung oder auch vorbeugen?
Eine Heilung für Vitiligo gibt es bisher nicht – aber es gibt Therapieansätze. Das Ziel ist primär, die Ausbreitung zu stoppen und die Haut dazu zu bringen, wieder Pigmente zu bilden. Eine Möglichkeit ist die sogenannte Fototherapie: Dabei wird die Haut gezielt mit UV-Licht bestrahlt, manchmal in Kombination mit Cremes, die die Lichtempfindlichkeit erhöhen. Auch Laserbehandlungen kommen zum Einsatz. Manche Betroffene sprechen gut auf diese Therapien an – vor allem, wenn sich bei Sonnenlicht erste Pigmentierungen zeigen. Auch Medikamente wie Kortison oder sogenannte Calcineurin-Inhibitoren können helfen. Wichtig ist außerdem, dass die betroffenen Hautstellen ihren natürlichen UV-Schutz verloren haben – also: Sonnenschutz nicht vergessen! Was für die Haut gilt, gilt aber auch für die Seele. Psychische Unterstützung, Beratung und der Austausch mit anderen Betroffenen sind enorm wichtig. Selbsthilfegruppen oder Gespräche mit Menschen, die offen über ihre Erfahrungen sprechen, können helfen, sich weniger allein zu fühlen. Da die genauen Ursachen der Krankheit nicht bekannt sind, gibt es auch keine generellen Empfehlungen zur Vorbeugung. Wichtig ist aber die Haut zu schützen, denn Sonnenbrände und Verletzungen der Haut (z. B. durch Kratzen, Reibung oder aggressive Chemikalien) können Vitiligo auslösen oder verschlimmern. Sanfte Pflege, guter UV-Schutz und hautfreundliche Produkte sind daher empfehlenswert. Auch sollte Stress vermieden werden. Auch wenn es bisher nicht endgültig bewiesen ist – viele Betroffene berichten von einem Zusammenhang zwischen starkem seelischen Stress und dem Beginn oder Fortschreiten der Erkrankung. Entspannungsübungen, ausreichend Schlaf und ein gesunder Lebensstil können also helfen. Ebenfalls hilfreich ist eine gesunde Ernährung mit ausreichend Vitaminen und Mineralstoffen; sie kann das Immunsystem unterstützen – was grundsätzlich nie schadet. Und wer merkt, dass sich helle Flecken bilden oder die Haut sich ungewöhnlich verhält, sollte möglichst früh einen Hautarzt aufsuchen. In einem frühen Stadium lassen sich Therapien oft besser anpassen. Vitiligo ist also weit mehr als nur ein kosmetisches Problem – es ist eine Herausforderung, die auf vielen Ebenen wirkt. Am Ende zählt, dass jeder Mensch – ganz gleich, wie seine Haut aussieht – denselben Respekt, dieselbe Wertschätzung und Unterstützung verdient.