Autorin Anne Klein

Jodmangel

Ein wahres Allroundtalent ist Jod: desinfizierend, wachstumsfördernd, hormonregulierend. Wer zu wenig Jod aufnimmt, in Deutschland sind das nicht Wenige, bekommt Probleme. In der Erfahrungsheilkunde wurden jodhaltige Algen schon vor mehreren tausend Jahren zur Wundbehandlung eingesetzt. Auch heute noch nutzt man die desinfizierende Wirkung von Jod bzw. setzt es in die Radiologie als Röntgenkontrastmittel ein. Wieviel Jod braucht der Mensch eigentlich? Da Jod natürlicherweise in Meeresfisch (z. B. Schellfisch, Seelachs, Scholle und Miesmuscheln), Algen und je nach Bodenbeschaffenheit auch in Gemüse enthalten ist, sollten diese Lebensmittel regelmäßig auf dem Speiseplan stehen. Empfohlen werden zwei Portionen Meeresfisch pro Woche – als beste natürliche Jodquelle. Der Bedarf an Jod richtet sich nach dem Alter, dem Geschlecht und steigt in der Schwangerschaft und Stillzeit an. Erwachsene benötigen laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung täglich etwa 200 µg Jod, diese Menge ist beispielsweise in 100 Gramm Scholle oder 75 g Seelachs enthalten. Obwohl Deutschland nach Aussage der WHO inzwischen kein ausgewiesenes Jodmangelgebiet mehr ist, weist ein großer Teil der Bevölkerung weiterhin eine mangelhafte Jodversorgung auf. Seit Jahrzehnten werden in Deutschland Lebensmittel mit jodiertem Speisesalz angereichert bzw. Futtermittel von Nutztieren jodiert. Dadurch ist der Jodmangel zwar zurückgegangen, Kritiker befürchten allerdings einen Zusammenhang zwischen der Zunahme an autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen und der sogenannten „Zwangsjodierung“.

Schilddrüse benötigt Jod

Jodmangel fördert Schilddrüsenerkrankungen – die Symptome werden gerade bei Frauen oft übersehen. Dabei ist eine jodhaltige Ernährung auch bei vegetarischer und veganer Ernährungsweise möglich. Das Spurenelement Jod wird vor allem von der Schilddrüse benötigt, um Hormone herzustellen. Der Körper kann es nicht selbst produzieren – Jod muss mit der Nahrung aufgenommen werden. Die Schilddrüse braucht Jod, um die Schilddrüsen-Hormone T3 und T4 zu produzieren. Diese Hormone sind sehr wichtig, denn sie steuern zahlreiche Körpervorgänge: Sie wirken auf Herz und Kreislauf, regeln den Blutdruck und steuern Gewebewachstum und Zellteilung und beeinflussen auch die Stimmung. Über den Grundumsatz beeinflussen sie sogar das Körpergewicht. Die Schilddrüse nimmt Jod aktiv aus dem Blut auf. Wenn bei hohem Bedarf wenig Jod vorhanden ist, kann sich die Schilddrüse langfristig vergrößern. Im Extremfall führt das zu der Bildung eines Kropfs (Struma). Überschüssiges Jod wird bei Menschen mit normaler Schilddrüsenfunktion über die Niere ausgeschieden.

Symptome von Jodmangel

Eine vergrößerte Schilddrüse ist meistens die Folge von lange bestehendem Jodmangel. Es gibt verschiedene Stadien der Vergrößerung, zu Beginn ist die Vergrößerung für Laien noch nicht sicht- oder tastbar. Im Extremfall bildet sich ein Kropf. An sich ist die Vergrößerung der Schilddrüse nicht gefährlich. Allerdings ist eine vergrößerte, überstimulierte Schilddrüse anfälliger für Schilddrüsenknoten und andere Schilddrüsenerkrankungen (Schilddrüsenüber- oder Unterfunktion). In Ländern, in denen die Bevölkerung nicht optimal mit Jod versorgt ist, treten diese Erkrankungen häufiger auf. Sie entwickeln sich meist über Jahre und Jahrzehnte: So sind heutige Schilddrüsenprobleme in vielen Fällen das Ergebnis des erheblichen Jodmangels in Deutschland vor der Einführung der Jodmangel-Prophylaxe in den 80er-Jahren.

„Heiße Knoten“ sind an der Hormonproduktion beteiligt und sind immer gutartig. Sie können zu einer Überfunktion der Schilddrüse führen, mit Symptomen wie Schwitzen, Pulsrasen, Unruhe, Schlafstörungen, Durchfall, Gewichtsabnahme, Ängsten und Konzentrationsstörungen –
bis hin zu Herzrhythmusstörungen wie beispielsweise Vorhofflimmern. „Kalte Knoten“ produzieren keine Schilddrüsenhormone mehr und können bösartig sein, was jedoch sehr selten ist.

Einen Zusammenhang mit dem Auftreten von Schilddrüsenerkrankungen sieht die Forschung aber nicht nur für die Versorgung mit Jod, sondern auch mit weiteren Spurenelementen wie etwa Mineralstoffen wie Selen und Eisen.
Frauen sind von allen Schilddrüsenerkrankungen häufiger betroffen als Männer. Die Gründe sind bislang noch zu wenig erforscht. Ein Grund dafür könnte sein, dass jede hormonelle Veränderung auch die Schilddrüse aus dem Gleichgewicht bringen kann. Etwa Geburten, die hormonelle Verhütung oder die hormonelle Umstellung in den Wechseljahren. Dazu kommt das stärkere Immunsystem bei Frauen, das führt zu einer besseren Abwehr von Infektionen, aber auch zu einer erhöhten Anfälligkeit für Autoimmunerkrankungen. Dazu zählen Schilddrüsen-Erkrankungen wie die Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow.