Autor: Peter M. Crause

Pollenflug und Klimawandel

Europaweit ist die Pollenmenge bereits in den vergangenen Jahren angestiegen, berichtet ein Forscherteam um Prof. Annette Menzel von der Technischen Universität München auf Grundlage von Pollen-Zeitreihen aus 13 Ländern im Fachmagazin PLoS ONE. Städte sind davon besonders betroffen: Im Durchschnitt lag der Zuwachs der Pollenmenge dort bei drei Prozent, in ländlichen Gegenden bei einem Prozent pro Jahr. Angesichts des Klimawandels wird sich dieser Trend noch verstärken, sind die Wissenschaftler überzeugt. Mit dem Pollenflug beginnt für Millionen Heuschnupfen-Geplagte die Zeit von Niesreiz und geröteten Augen. In Deutschland leidet heute etwa jeder Vierte an Allergien, Tendenz steigend. Der Klimawandel gilt als einer der Faktoren, die die Entstehung von Allergien begünstigen: Laborversuche und einige Freilandstudien haben gezeigt, dass eine höhere Kohlendioxid-Konzentration in der Luft das Pflanzenwachstum und damit die Pollenproduktion beschleunigen können. Mildere Temperaturen und zugewanderte Pflanzenarten sorgen zudem für eine längere Pollenflugsaison.

Untersuchung

Wie stark die Pollenbelastung europaweit angestiegen ist, hat nun ein internationales Forscherteam um die Ökoklimatologin Prof. Annette Menzel von der Technischen Universität München gezeigt. Die Wissenschaftler werteten hierzu langjährige Pollentrends aus 13 europäischen Staaten über mindestens 10 Jahre aus. Das Fazit der Forscher: Besonders Städte sind vom Anstieg der Pollenkonzentration in den vergangenen Jahren betroffen. In Europa müssen sich Allergiker in Zukunft auf eine noch höhere Allergiebelastung einstellen, ist sich Annette Menzel sicher. „Das Stadtklima ist heute bereits wärmer und trockener, hinzu kommt eine höhere Luftverschmutzung“, sagt die Wissenschaftlerin. Die Ökoklimatologin nutzt urbane Gebiete deshalb als „Experimentierfeld“, um Klimafolgen besser vorherzusagen. Durch die dichte Bebauung liegt die Temperatur in sogenannten urbanen Wärmeinseln um ein bis drei Grad höher. Auch CO2- und Schadstoffwerte in der Luft sind dort oft erhöht; größere Ozonmengen sind hingegen im Umland großer Städte zu verzeichnen. Eine Entwarnung für Landbewohner gibt Annette Menzel dennoch nicht: „Wir finden in städtischen Gebieten bereits heute die Bedingungen vor, die wir künftig ebenfalls für ländliche Gegenden erwarten.“ Die allergischen Symptome entstehen, wenn die betroffenen Personen mit dem Allergen in Kontakt kommen, für das sie sensibilisiert sind. Wie stark die Belastung für die Patienten ist, lässt sich bis heute nur über die Pollenkonzentration in der Luft ermitteln. Diese Methode sagt jedoch wenig über die tatsächliche Aggressivität der Pollen aus. Denn abhängig von ihrem Reifungszustand stellen Pollen einer Pflanzenart nicht nur verschiedene Allergene her – auch die Menge der allergieauslösenden Proteine variiert. Für die Wissenschaftler daher interessant: der Zusammenhang zwischen Pollenanzahl und Menge der freigesetzten Allergene. In ihren Untersuchungen konzentrierten sie sich auf das jeweils wichtigste Allergen der drei Pflanzenarten: Birke, Gräser und Olive. Dabei fanden sie eine hohe Übereinstimmung zwischen Pollenanzahl und der Menge an Allergen.

Ganz und gar nicht harmlos

Wer etwa eine ganzjährig triefende Nase als normal empfindet und nicht behandelt, dem droht die Gefahr, dass sich daraus ein Pollenasthma oder eine Kreuzallergie zu Nahrungsmitteln entwickelt. Eine frühzeitige Diagnose und Therapie ist daher wichtig. Wie wichtig eine frühzeitige und exakte Diagnose ist, zeigt die Tatsache, dass sich bei etwa jedem Dritten aus der Allergie eine möglicherweise lebensbedrohliche Asthma-Erkrankung entwickeln kann. Man spricht dann von einem Etagenwechsel von den oberen Luftwegen in die Bronchien. Geschuldet ist dies dem Umstand, dass die meisten Heuschnupfen-Allergiker nur auf bestimmte Pollenarten reagieren, sodass der Heuschnupfen nach ein paar Wochen, wenn die Blühphase dieser Pflanzenart beendet ist, wieder verschwunden ist. Aufgrund dieser nur zeitweiligen Beschwerden neigen viele Betroffene dazu, keinen Arzt aufzusuchen, was die eben beschriebenen Folgeprobleme nach sich ziehen kann. Eine echte Hilfe ist die Hyposensibilisierung. Eine solche Therapie ist nicht nur gegen das akute Auftreten von Symptomen gerichtet, sondern auch gegen chronische Formen von Krankheiten, welche aus diesen Symptomen entstehen können.