Autorin Anne Klein
Risiko Einsamkeit
Millionen Menschen in Deutschland sind einsam. Menschen ohne Partner, besonders Frauen über 80, sind doppelt so oft betroffen wie Männer. Wer und was können helfen, den oft tückischen Teufelskreis der Einsamkeit zu durchbrechen? Wer einsam ist, seine sozialen Kontakte vernachlässigt und sich abschottet, der bekommt die Auswirkungen nicht nur mental, sondern auch körperlich zu spüren. Konkret in Form eines erhöhten Risikos für Herzerkrankungen, Schlaganfälle sowie Typ-2-Diabetes und Demenz, wie Dr. Rosanne Leipzig vom Mount Sinai Krankenhaus in New York gegenüber dem Online-Magazin parade.com erklärt. Zudem, so sagt sie, erhöhe Einsamkeit im Alter das Sterberisiko um ganze 26 Prozent. Ein Team aus Forscherinnen und Forschern von der Harbin Medical University in China bezifferte das Risiko sogar auf 32 Prozent. Sie vermuten als Ursache für die körperlichen Konsequenzen von Einsamkeit unter anderem eine verstärkte Ausschüttung des Stresshormons Cortisol, was wiederum die Körperfunktionen auf lange Sicht negativ beeinflusst. Dr. Leipzig hat einen sehr simplen, aber effektiven Tipp parat, wie es im Alter leichter fällt, soziale Bindungen aufrechtzuerhalten: „Es mag den Anschein haben, dass ein einfaches „Hallo“ eine bedeutungslose Geste ist, aber in Wirklichkeit bringt es Sie mit einer anderen Person in Kontakt und schafft eine sogenannte schwache Bindung. Diese kann sich aber mit der Zeit verstärken und dazu führen, dass man Zugang zu neuen Freundeskreisen und Netzwerken erhält. Studien zeigen, dass das Gefühl von Einsamkeit umso geringer ist, je mehr man solche schwachen Bindungen an eine Person hat. In jedem Falle sollte man nicht darauf warten, dass jemand anderes den ersten Schritt macht und stattdessen selbst die Initiative ergreifen und auf andere einen Schritt zu machen. Dies bringe nachweislich stimmungsverbessernde Effekte mit sich.
Soziale Isolation
Einsamkeit hat zahlreiche Konsequenzen auf verschiedenen Ebenen. „Was wir immer wieder finden, ist sozialer Rückzug, zum Beispiel, dass man aus dem Kontakt geht. Aber auch immer wieder zu finden ist in gewisser Weise ein provokantes, ein abwertendes Verhalten anderen Menschen gegenüber“, erläutert Dr. Matthias Reinhard, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, LMU München. „Wir finden Schlafstörungen, wir finden Grübeln, wir finden auch so etwas wie Suizidgedanken bei manchen Betroffenen. Einsamkeit führt häufig zu körperlichen Erkrankungen, erhöhtem Blutdruck, Stress zum Beispiel, erhöhter Herzinfarkt- und Schlaganfallrate und zu früherer Sterblichkeit. Unsere Idee ist natürlich, wenn wir Einsamkeit adressieren und auch in einer gewissen Weise beheben, dass auch diese körperlichen Folgen der Einsamkeit sich normalisieren und besser werden.“ Was Psychiater inzwischen gerade in Langzeitstudien beobachten können, ist, dass die Einsamkeit oft auch einer Depression vorausgeht. Das heißt, aus dieser Einsamkeit entwickeln sich dann zusätzlich depressive Symptome. Man wird zunehmend antriebsarmer, niedergestimmter, man zieht sich sozial zurück. Man unternimmt weniger, erlebt auch weniger positive Dinge dadurch in der Einsamkeit. Und das ist das, was auf Dauer dann depressiv machen kann.
Hilfe
Präventiv gegen die Einsamkeit zu wirken, ist das Ziel des bundesweiten Projektes Miteinander-Füreinander“. Das ist ein vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Projekts für Kontakt und Gemeinschaft im Alter. Es werden von Juli 2020 bis Ende 2024 insgesamt 110 Standorte in ganz Deutschland gefördert. Um möglichst viele von Einsamkeit im Alter bedrohte Menschen zu erreichen, öffnet der Malteser Hilfsdienst neue Zugangswege zu den Zielgruppen und machen ihnen zusätzliche Angebote. Zudem werden die bewährten Angebote der Malteser bundesweit noch einmal deutlich ausgeweitet. Das Projekt will aufklären und die Öffentlichkeit für dieses Thema sensibilisieren. Alten und hochaltrigen Menschen bietet es über eine Vielzahl von ehrenamtlich getragenen Diensten Unterstützung und Begleitung im Alltag an. Zusätzlich schaff es Engagementmöglichkeiten, die zur Vorbeugung von Einsamkeit im Alter beitragen sollen. Natalie Dietzsch-Albrecht, Projektkoordinatorin Miteinander-Füreinander aus Landshut sagt: „Denn wer selbst hilft, hat mehr Kontakt und kann gegebenenfalls später leichter Hilfe annehmen. Diejenigen, die sich bei uns gemeldet haben, haben uns wirklich dann auch genau diese Situation rückgemeldet, dass sie eigentlich nicht wissen, wohin sie sich wenden sollen, dass sie sich alleine fühlen, dass sie schwer aus dieser Situation herauskommen. Und da ist natürlich der Hausbesuchsdienst ein wunderbarer Dienst, um diese Situation verändern, einen Anschluss herzustellen an die richtigen Ansprechpartner und damit dann die Lebenssituation verbessern zu können.“